Psychische Erkrankungen ernst nehmen!
Zum Welttag für Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz am 28. April fordert der VdK, psychische Probleme und Belastungen ernst zu nehmen und Betroffenen mehr Verständnis, Hilfe und Unterstützung zuteilwerden zu lassen.
Fehlzeiten am Arbeitsplatz wegen psychischer Erkrankungen nehmen kontinuierlich zu. Das melden sowohl Krankenkassen als auch das Bundesarbeitsministerium. 2022 belief sich der Arbeitsausfall aufgrund von Depressionen, Angst- oder Anpassungsstörungen auf insgesamt 130 Millionen Tage, das sind etwa 50 Prozent mehr als vor zehn Jahren. Der dadurch entstehende volkswirtschaftliche Schaden wird mit mehr als 17 Milliarden Euro beziffert. „Was aber noch schwerer wiegt: Hinter diesen Zahlen stecken viele individuelle Leidensgeschichten. Menschen mit seelischen Problemen werden oft alleingelassen oder ziehen sich aus Scham zurück. Für sie ist das Risiko, arbeitslos oder arbeitsunfähig zu werden, besonders hoch“, sagt der Landesvorsitzende des Sozialverbands VdK Hessen-Thüringen, Paul Weimann. Zahlen der Deutschen Rentenversicherung belegen: 42 Prozent der Anträge auf Erwerbsminderung werden mit psychischen Erkrankungen begründet. Sie sind der häufigste Grund, warum Menschen vorzeitig aus dem Berufsleben ausscheiden.
Zum Welttag für Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz am 28. April fordert der VdK daher, psychische Erkrankungen ernst zu nehmen und Betroffenen mehr Verständnis, Hilfe und Unterstützung zuteilwerden zu lassen. „Hier sind auch die Arbeitgeber gefordert“, sagt Weimann: „Einer Umfrage zufolge steht jeder und jede zweite Erwerbstätige in Hessen und Thüringen unter Termin- und Leistungsdruck; etwa 15 Prozent gaben an, 48 Stunden und mehr pro Woche zu arbeiten.“ Vor allem müssen nach Meinung des VdK die vorhandenen Instrumente des Arbeitsschutzes besser genutzt werden: Laut Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin wird nicht einmal jedem zweiten aller Berechtigten nach längerer Krankheit ein Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) angeboten. Dieses Verfahren soll dazu beitragen, die Arbeitsfähigkeit der Betroffenen langfristig zu sichern. Auch die Angebote zur beruflichen Rehabilitation kritisiert der VdK als unzureichend: „Das Reha-System ist kompliziert und unübersichtlich, was die Beantragung enorm erschwert“, so der VdK-Landesvorsitzende: „Hier muss der Zugang vereinfacht werden.“
Insbesondere aber fehlt es an Plätzen für Psychotherapie. Psychotherapeutische Praxen sind häufig so überlastet, dass sie Patienten und Patientinnen abweisen müssen. Das hat zur Folge, dass Menschen in einer seelischen Krise wochen-, wenn nicht monatelang warten müssen, bis sie Hilfe erhalten. In Hessen beträgt die Wartezeit im Schnitt knapp vier, in Thüringen sogar 6 Monate. Der VdK fordert daher dringend, mehr Kassensitze für niedergelassene Psychotherapeuten und -therapeutinnen einzurichten. Verschiedene Schätzungen gehen dabei von einem zusätzlichen bundesweiten Bedarf zwischen 2.400 und 7.000 Kassensitzen aus.