Kategorie Inklusion Wohnen Barrierefreiheit

Thüringer Bauordnung novelliert

Am 13. Juni hat der Thüringer Landtag die Novellierung des Landesbauordnung verabschiedet, mit einigen Anpassungen. Der VdK bedauert sehr, dass dabei die Chance vertan wurde, umfassende Barrierefreiheit beim Neubau zu etablieren.

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Vorgenommen wurden unter anderem die folgenden Änderungen:

Entbürokratisierung

Mit der neuen Bauordnung sollen die Bauverfahren durch digitale Genehmigungsverfahren beschleunigt werden. Bisher geltende rechtliche Hürden wurden nach Angaben der Landesregierung beseitigt. Schriftform- und Unterschriftserfordernisse sollen bis auf ganz wenige begründete Ausnahmen entfallen und damit digitale Bauanträge künftig rechtssicher möglich sein.

Energiewende

Darüber hinaus werde die Bauordnung durch verschiedene Maßnahmen im Sinne einer Energiewende dazu beitragen, Treibhausemissionen zu reduzieren, so die Landesregierung. In diesen Sinne soll die Errichtung von Solaranlagen auf Dächern von Doppel- und Reihenhäusern durch eine Verringerung der vorgeschriebenen Abstände zu Brandwänden erleichtert werden. Darüber hinaus soll die Errichtung von geräuscharmen Wärmepumpen an der Grundstücksgrenze zulässig sein, ohne dass dafür Abstandsflächen eingehalten werden müssen. Auf Bestandsgebäuden soll bis zu 40 cm Wärmedämmung aufgebracht werden können, was nach bisherigem Recht unzulässig war.

Bauen im Bestand

Die novellierte Bauordnung soll außerdem die Nutzungsänderung von Dachgeschossen zu Wohnzwecken im Rahmen der sogenannten Genehmigungsfreistellung ermöglichen. Nutzbare Wohnflächen sollen auf diese Weise mit überschaubarem Aufwand geschaffen werden. Diese Regelung soll dazu beitragen, dass zusätzlicher Wohnraum im Gebäudebestand geschaffen und angespannte Wohnungsmärkte entlastet werden.

Barrierefreiheit

Angesichts der demografischen Entwicklung soll die neue Bauordnung laut Landesregierung erweiterte Bestimmungen zur Barrierefreiheit enthalten. Die entsprechenden Regelungen betreffen die Erweiterung des barrierefreien Zugangs in Wohnungen zu Balkonen, Terrassen, Loggien etc. sowie den schwellenlosen Zugang zu Abstellräumen für Mobilitätshilfsmittel. Die neuen baulichen Anforderungen gelten künftig auch für Einrichtungen des Erziehungswesens. Weiterhin müssen in Gebäuden mit mehr als zwei Wohnungen die Wohnungen mindestens eines Geschosses barrierefrei erreichbar sein.

Novellierung enttäuscht

Der VdK kritisiert, dass die novellierte Bauordnung in Hinblick auf Barrierefreiheit eher einen Rückschritt als einen Fortschritt darstellt:

  • Künftig muss nur ein Bruchteil neuer Wohnungen barrierefrei zugänglich sein, die barrierefreie Nutzung ist nicht vorgegeben.

  • Die angepasste Bauordnung enthält keine Vorschrift zum Bau rollstuhlgeeigneter Wohnungen.

  • Bauherren können aufgrund eines “unverhältnismäßigen Mehraufwands” wieder auf das barrierefreie Bauen verzichten.

Auch der Thüringer Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderungen, Joachim Leibinger, sieht die neuen Regelungen in Hinblick auf Barrierefreiheit als Zumutung für Thüringerinnen und Thüringer mit Behinderungen oder ältere Menschen.