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Reform der Pflegeversicherung

Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz beschlossen: Es entlastet ab Juli 2023 Familien mit mehreren Kindern und soll ab 2024 für Verbesserungen in der ambulanten und stationären Pflege bringen. Aus VdK-Sicht reichen die Regelungen jedoch nicht aus.

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Ziel des Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetzes (PUEG) ist es nach Angaben der Bundesregierung, den stark steigenden Kosten in der stationären und der häuslichen Pflege entgegenzuwirken und die Pflegeversicherung finanziell zu stabilisieren. Zudem wurden die Regelungen zur Bemessung des Pflegeversicherungsbeitrags so angepasst, dass dabei die Zahl der Kinder berücksichtigt wird.

Die Regelungen des PUEG im Einzelnen

  • Um die häusliche Pflege zu stärken, sind zum 1. Januar 2024 das Pflegegeld um 5 Prozent erhöht und die ambulanten Sachleistungsbeträge um 5 Prozent angehoben worden.
  • Pflegende Angehörige können seit 1. Januar 2024 das Pflegeunterstützungsgeld pro Kalenderjahr für bis zu zehn Arbeitstage je pflegebedürftiger Person in Anspruch nehmen. Die Beschränkung des Anspruchs auf einmalig insgesamt zehn Arbeitstage je pflegebedürftiger Person wird damit aufgehoben.
  • Zum 1. Januar 2024 sind darüber hinaus die Zuschläge der Pflegekasse nach § 43 c Sozialgesetzbuch XI an Pflegebedürftige in vollstationären Pflegeeinrichtungen erhöht worden. Die Sätze wurden von

    • 5 Prozent auf 15 Prozent bei bis zu 12 Monaten Verweildauer,
    • 25 Prozent auf 30 Prozent bei 13 bis 24 Monaten Verweildauer,
    • 45 Prozent auf 50 Prozent bei 25 bis 36 Monaten und
    • 70 Prozent auf 75 Prozent bei mehr als 36 Monaten Verweildauer angehoben.

     

  • Zum 1. Januar 2025 und zum 1. Januar 2028 werden die Geld- und Sachleistungen regelhaft in Anlehnung an die Preisentwicklung automatisch dynamisiert. Für die langfristige Leistungsdynamisierung werde man noch in dieser Legislaturperiode Vorschläge erarbeiten, heißt es in einer Pressemitteilung der Bundesregierung zur Pflegeversicherungsreform.
  • Die bisher komplex und intransparent gestalteten Regelungen für die Feststellung der Pflegebedürftigkeit in § 18 Sozialgesetzbuch XI werden demnach neu strukturiert und systematisiert. Verfahrens- und leistungsrechtliche Inhalte sollen auf diese Weise in voneinander getrennten Vorschriften übersichtlicher und adressatengerechter aufbereitet werden.

Bessere Arbeitsbedingungen in der Pflege

  • In der stationären Pflege wird nach den Informationen der Bundesregierung die Umsetzung des Personalbemessungsverfahrens durch die Vorgabe weiterer Ausbaustufen beschleunigt. Dabei soll die Situation auf dem Arbeits- und Ausbildungsmarkt berücksichtigt werden.
  • Um das Potenzial der Digitalisierung zur Verbesserung und Stärkung der pflegerischen Versorgung zu nutzen und die Umsetzung in die Praxis zu unterstützen, wird ein Kompetenzzentrum Digitalisierung und Pflege eingerichtet.
  • Das Förderprogramm für digitale und technische Anschaffungen in Pflegeeinrichtungen mit einem Volumen von insgesamt etwa 300 Millionen Euro wird ausgeweitet und bis zum Ende des Jahrzehnts verlängert.

Stabilisierung der Finanzen

Um die bestehenden Leistungsansprüche der sozialen Pflegeversicherung sowie die im Rahmen der Reform erfolgenden Leistungsanpassungen abzusichern, wurde der allgemeine Beitragssatz zum 1. Juli 2023 um 0,35 Prozentpunkte angehoben. Laut Bundesregierung bringt diese Maßnahme Mehreinnahmen in Höhe von rund 6,6 Milliarden Euro jährlich. Das Gesetz ermächtigt die Bundesregierung, den Beitragssatz künftig durch Rechtsverordnung festzusetzen, sofern kurzfristiger Finanzierungsbedarf besteht.

Zahl der Kinder fließt künftig in Beitragsermittlung ein

Ebenfalls seit 1. Juli 2023 werden bei der Ermittlung des Beitragssatzes die Zahl der Kinder berücksichtigt. Es gelten folgende Beitragssätze:

Mitglieder ohne Kinder = 4 Prozent (Arbeitnehmer-Anteil: 2,3 Prozent)

Mitglieder mit 1 Kind = 3,40 Prozent (lebenslang, Arbeitnehmer-Anteil: 1,7 Prozent)

Mitglieder mit 2 Kindern = 3,15 Prozent (Arbeitnehmer-Anteil: 1,45 Prozent)

Mitglieder mit 3 Kindern = 2,90 Prozent (Arbeitnehmer-Anteil: 1,2 Prozent)

Mitglieder mit 4 Kindern = 2,65 Prozent (Arbeitnehmer-Anteil 0,95 Prozent)

Mitglieder mit 5 und mehr Kindern = 2,40 Prozente (Arbeitnehmer-Anteil 0,7 Prozent)

Die genannten Abschläge gelten, solange alle jeweils zu berücksichtigenden Kinder unter 25 Jahre alt sind. Nach der Erziehungszeit beträgt der reguläre Beitragssatz bei Mitgliedern mit mehreren Kindern wieder 3,4 Prozent. Der Arbeitgeberanteil liegt immer bei 1,7 Prozent.

Pflegereform enttäuscht

Der VdK Deutschland kritisiert vor allem die zeitliche Begrenzung der gestaffelten Beitragssätze für Eltern ab dem zweiten Kind. Die Ungleichbehandlung von Eltern mit mehreren Kindern gegenüber Eltern mit nur einem Kind ist nach Ansicht des VdK nicht hinzunehmen. Gerade Familien mit mehreren Kindern sollten lebenslang den nach Anzahl der Kinder gestaffelt reduzierten Beitragssatz zahlen und nicht nur in der Erziehungszeit. Ein zweiter wichtiger Kritikpunkt: Besonders Rentnerinnen und Rentner mit mehreren Kindern über 25 Jahren werden durch die aktuellen Regelungen über die Maßen belastet. Der VdK weist darauf hin, dass der großen VdK-Pflegestudie zufolge fast die Hälfte der Pflegebedürftigen im Rentenalter von ihren Kindern versorgt wird. Pflegebedürftige Eltern mit mehreren Kindern haben in der Regel eine größere Chance, zu Hause betreut zu werden. Gerade sie sollten niedrige Beiträge zahlen müssen, fordert der VdK. Zudem ist eine paritätische Finanzierung der Beiträge zur Pflegeversicherung der Rentnerinnen und Rentner dringend notwendig. So lautet das Fazit des VdK: Pflegebedürftige und pflegende Angehörigen benötigen viel mehr Unterstützung. Die Erhöhungen des Pflegegelds im Rahmen des PUEG reichen nicht aus, um die Inflation auszugleichen. Der VdK hatte für eine Anhebung von mindestens 16 Prozent plädiert.