Kategorie Verbandsleben Sozialpolitik Soziale Gerechtigkeit

Mit Superkraft für den Sozialstaat

Auf Einladung des Ortsverbands war Verena Bentele zu Gast im nordhessischen Vellmar. Hunderte Menschen, darunter viele VdK-Mitglieder, nutzten die Gelegenheit, die VdK-Präsidentin einmal persönlich zu erleben. Sie wurden nicht enttäuscht.   

Blick über Köpfe hinweg auf das Podium in der Halle, wo eine Frau und ein Mann an einem langen Tisch mit großem VdK-Logo sitzen und sprechen.
Starkes Plädoyer für einen starken Sozialstaat: Verena Bentele und Philipp Stielow auf dem Podium in Vellmar. © VdK Hessen-Thüringen

Sechs Stadtoberhäupter

In der gutgefüllten Mehrzweckhalle Frommershausen hatten sich rund 500 Menschen eingefunden, darunter sechs Bürgermeister aus der Region sowie der Landrat des Landkreises Kassel, Andreas Siebert. Er wie auch Vellmars Bürgermeister Manfred Ludewig begrüßten die Gäste und dankten der VdK-Präsidentin für ihren Besuch in Nordhessen. 2022 war Verena Bentele schon einmal zusammen mit Philipp Stielow, dem Pressesprecher des VdK-Landesverbands Hessen-Thüringen, nach Vellmar gekommen, um ihr gemeinsames Buch “Wir denken neu” vorzustellen. 

Leistung ist kein Solo

Dieses Mal sprach Verena Bentele über Leistung und Sozialstaat, zwei Themen, die in ihrer eigenen Biografie einen großen Raum einnehmen. Als mehrfache Weltmeisterin und Goldmedaillengewinnerin im Ski-Langlauf und Biathlon hat die 43-Jährige schon früh die Ausdauer, Disziplin und Energie bewiesen, die man für solche sportlichen Erfolge braucht. Aber sie weiß, dass herausragenden Leistungen wie ihre kein Alleingang, sondern immer das Ergebnis von  Teamwork sind. Und für sie, die blind geboren wurde, waren Schulbesuch und Studium nur machbar, weil die Krankenkasse die Kosten für einen teuren Sprachcomputer übernahm. Seitdem kämpft Bentele dafür, dass alle Menschen die Chance erhalten, ihr Potenzial zu entfalten. Und das kann nur ein starker Sozialstaat ermöglichen.  

Gegen die Panikmache

Wichtig war es Bentele auch, ihrem Publikum an Hand von Statistiken und Zahlenreihen vor Augen zu führen, dass die sozialen Sicherungssysteme viel stabiler sind, als viele glauben. In der aktuellen Debatte über anstehende Reformen wird häufig der Eindruck erweckt, als würden die Sozialausgaben permanent steigen und immer größere Anteile des Bundeshaushalts verschlingen. Das stimmt nicht. Tatsächlich hat sich ihr Anteil bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt in den vergangenen Jahrzehnten kaum verändert. Außerdem verschwindet das Geld nicht. Vielmehr fließen die meisten Sozialleistungen über den Konsum wieder in den Wirtschaftskreislauf ein. Der Sozialstaat ist zudem ein großer Arbeitgeber, der mehrere Millionen Menschen beschäftigt. Bentele bezeichnet ihn daher als “Superkraft”.   

Echte Reform gefordert

Auch Bentele und Stielow sind dafür, dass der Sozialstaat reformiert wird. Aber für sie bestünde diese Reform vor allem darin, den Zugang zu Sozialleistungen zu erleichtern. Denn oft werden Gelder gar nicht abgerufen, obwohl ein berechtigter Anspruch besteht. So ist zum Beispiel bei der Altersarmut von einer großen Dunkelziffer auszugehen, weil viele Senioren und Seniorinnen sich schämen, Grundsicherung zu beantragen. Und bei der Pflegeversicherung werden schätzungsweise jährlich Leistungen im Gegenwert von etwa 13 Milliarden Euro nicht genutzt, vermutlich aus Unwissenheit und Überforderung bei der Beantragung. 

Zustimmung und Beifall

Für ihren Vortrag erhielt Verena Bentele mehrfach spontanen Zwischenapplaus. Ihre optimistische Botschaft, dass Erhalt und Ausbau des Sozialstaats möglich sind, tat ihren Zuhörerinnen und Zuhörern spürbar gut, allein als Kontrast zu vielen politischen Debatten im Fernsehen, bei denen Reform immer mit Kürzungen gleichgesetzt wird. Mit ihrer Person und ihrer Lebensgeschichte steht die VdK-Präsidentin dafür, dass man etwas bewegen und zum Positiven verändern kann, und damit macht sie vielen Menschen Mut. Ihr Publikum in Vellmar hat sie an diesem Abend auf jeden Fall überzeugt.