Kategorie Inklusion Barrierefreiheit

Ein Schritt hin zu mehr Inklusion, weitere müssen folgen

Der VdK begrüßt neue Vorgaben zur Barrierefreiheit von elektronischen Produkten, fordert aber, diese auf alle Waren und Dienstleistungen auszuweiten

Eine Frau blickt aus nächster Nähe auf einen Computerbildschirm. Ihr Gesicht ist sehr nah an der Bildschirmoberfläche, auf der mehrere Fenster mit Text und bunten Bildern zu sehen sind. Im Hintergrund ist ein verschwommenes Gruppenfoto von Menschen in oranger Kleidung sowie der Schriftzug „ORANGE DAY“ erkennbar. Die Szene deutet auf eine eingeschränkte Sehfähigkeit der Frau hin.
© VdK

Am 28. Juni tritt das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz in Kraft, die nationale Umsetzung der Europäischen Richtlinie zur Barrierefreiheit in Deutschland. Ab diesem Zeitpunkt sind die Hersteller und Anbieter von elektronischen Produkten und Dienstleistungen dazu verpflichtet, diese so zu gestalten, dass Menschen mit Behinderungen sie in der „allgemein üblichen Weise“, also ohne besondere Erschwernis oder fremde Hilfe, auffinden und nutzen können. Dazu zählen zum Beispiel Mobiltelefone, Computer, Tablets, Fernsehgeräte, Selbstbedienungsterminals, Geldautomaten, E-Book-Lesegeräte, Apps und Internetshops. 

„Unsere Welt wird immer digitaler, sodass es mittlerweile schwierig ist, ohne PC, Internetanschluss oder Smartphone überhaupt noch zurechtzukommen. Gleichzeitig sind aber viele Menschen mit der Handhabung dieser neuen Technologien überfordert. Deshalb ist es sinnvoll und notwendig, Barrieren, die hier den Zugang erschweren, zu verringern oder am besten ganz zu beseitigen“, sagt der Landesvorsitzende des Sozialverbands VdK Hessen-Thüringen, Paul Weimann: „Insofern begrüßen wir das neue Gesetz als Schritt in die richtige Richtung.“ 

Der VdK denke dabei insbesondere an die Älteren, die noch ohne Computer und Internet aufgewachsen sind und daher Hemmungen und Probleme im Umgang damit haben. Hinzu kommen in vielen Fällen alterstypische Einschränkungen beim Sehen oder Hören. Dass Barrierefreiheit auch bedeutet, Informationen stets für zwei Sinne – zum Beispiel optisch und akustisch – zu übermitteln, kann also gerade für diese Altersgruppe eine große Hilfe oder Erleichterung bedeuten.

Dennoch reichen nach Einschätzung des VdK die gesetzlichen Vorgaben nicht aus. Nicht berücksichtigt wurde zum Beispiel die bauliche Umgebung. „Was nützt ein barrierefreier Fahrkarten- oder Bankautomat, wenn man nur über Treppen oder durch enge Türen zu ihm gelangen kann?“, fragt Weimann: „Dadurch werden viele Menschen mit Mobilitätseinschränkungen von vornherein ausgegrenzt.“ 

Zum Europäischen Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung am 5. Mai fordert der VdK, die Verpflichtung zur Barrierefreiheit grundsätzlich auf alle Waren und Dienstleistungen der Privatwirtschaft auszuweiten. Nach Angaben des Statistischen Bundesamts leben 7,9 Millionen Menschen mit Behinderung in Deutschland. „Es ist eine Frage der Fairness und der sozialen Gerechtigkeit, für sie alle dieselben Möglichkeiten zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu schaffen wie für die restliche Bevölkerung auch“, sagt der VdK-Landesvorsitzende.