Kategorie Inklusion Teilhabe

Unsere Forderungen zur Inklusion

Teilhabe für jeden Menschen an allen Angeboten in den Bereichen Freizeit, Kultur und Sport - dabei sieht der VdK Hessen-Thüringen noch erheblichen Handlungsbedarf. Klar formuliert hat der Sozialverband entsprechende Forderungen in seinem aktuellen Forderungskatalog.

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Ausreichend gute Möglichkeiten für eine freie und selbstbestimmte Gestaltung der Freizeit haben enormen Einfluss auf die Lebensqualität und einen positiven Effekt auf die Persönlichkeitsentwicklung. Der dritte Teilhabebericht der Bundesregierung über die Lebenslagen von Menschen mit Beeinträchtigungen aus dem Jahr 2021 kommt jedoch erneut zu dem Ergebnis, dass viele Betroffene weiterhin in der Freizeit unter einer stark eingeschränkten Teilhabe und sozialer Isolation leiden. Laut einer Repräsentativbefragung zur Teilhabe von Menschen mit Behinderungen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales aus dem Jahr 2022 ist bei den Betroffenen der Wunsch nach mehr Selbstbestimmung bei der Freizeitgestaltung mit am stärksten ausgeprägt.

Auch aus dem Hessischen Aktionsplan zur UN-Behindertenrechtskonvention geht hervor, dass Menschen mit Behinderungen vor allem in Hinblick auf Mobilität und Kommunikation benachteiligt sind und schwer Zugang zu Freizeit-, Sport- und Kulturangeboten finden. Der VdK wirbt seit geraumer Zeit gezielt für das Thema und geht es aktiv an – mit Sensibilisierungsangeboten, Strategien zur Entwicklung der kommunalen Quartiersarbeit und weiteren Teilhabeprogrammen im Bereich Freizeit, Sport und Kultur. Zahlreiche Organisationen auf Landes- oder kommunaler Ebene sind allerdings noch immer nicht inklusiv ausgerichtet.

Teilhabe an Sport

Laut Zahlen des Deutschen Behindertensportverbands vom Mai 2022 treiben knapp 50 Prozent der Menschen mit Behinderungen keinen Sport. Diese hohe Zahl ist eindeutig auf ein mangelndes Angebot insbesondere im Breitensport zurückzuführen: Nur sieben Prozent der Sportvereine haben dem Sportentwicklungsbericht des Bundesinstituts für Sportwissenschaft aus dem Jahr 2022 zufolge überhaupt Angebote für Menschen mit Behinderungen. Eine aktuelle Studie der Frankfurt University of Applied Sciences zu inklusiven Freizeitgestaltungsmöglichkeiten für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene belegt aber, dass sich Betroffene deutlich mehr inklusive Sportangebote wünschen, als aktuell tatsächlich verfügbar sind. Der VdK Hessen-Thüringen fordert daher:

  • Förderung des inklusiven Breitensports massiv ausbauen: Der VdK setzt sich dafür ein, dass neben dem Ausbau von Förderprogrammen für barrierefreie Einrichtungen und inklusive Angebote Länder und Kommunen verstärkt Aufklärungsarbeit über die Vorteile der Inklusion im Breitensport leisten müssen. Die Förderung der Länder für einen inklusiven Breitensport muss massiv ausgebaut werden. Zusätzlich zur finanziellen Bezuschussung und Schaffung von Anreizen für Vereine ist es jedoch gleichsam wichtig, eine Teilverpflichtung der Sportvereine zur Investition eines Mindestanteils ihres Vermögens in inklusive Angebote einzuführen. In Großbritannien wird dies bereits seit Jahren erfolgreich praktiziert.
  • Inklusionsbeauftragte in jedem Sportkreis: Jeder Sportkreis und jeder Sportverein sollte über eine Ansprechperson verfügen, die sich um die Belange von Sporttreibenden mit Beeinträchtigungen sowie den Auf- und Ausbau und die barrierefreie Ausgestaltung sportlicher Angebote kümmert. Diese Inklusionsbeauftragten für den Sport sollten gezielt zu Fragen der Förderung von Teilhabeleistungen für Betroffene als auch zu fachlichen Fragen der Barrierefreiheit von Sportstätten durch die Landessportbünde beziehungsweise entsprechende andere Anbieter geschult werden.

Inklusive Freizeit- und Tourismus­angebote

Die Beauftragten der Länder für Menschen mit Behinderungen haben in ihrer Magdeburger Erklärung vom März 2022 klar herausgestellt, dass die Strukturen zur Unterstützung von Betroffenen im Freizeitbereich ausgebaut werden müssen, um die Nutzung von inklusiven Angeboten nachhaltig zu gestalten. Der VdK Hessen-Thüringen fordert daher:

  • Zugang zu Assistenzen im Freizeitbereich erleichtern: Noch immer können Angebote zu Assistenzleistungen für die soziale Teilhabe nach § 113 SGB IX nicht voll ausgeschöpft werden. Dies liegt zum einen an den restriktiven Zugängen zu diesen Leistungen, die mit Einkommens- und Vermögensprüfungen und einem sehr hohen bürokratischen Aufwand verbunden sind. Oftmals werden insbesondere Eltern von Kindern mit Behinderungen zur Kasse gebeten, wenn es um die Beantragung einer Assistenz als Voraussetzung für die Teilnahme an außerschulischen Freizeit- und Ferienangeboten geht. Die Zuzahlungen sind der eine Grund. Dass Assistenzleistungen nur wenig in Anspruch genommen werden, liegt außerdem daran, dass ein Mangel an qualifiziertem Personal besteht. Der VdK spricht sich dafür aus, insbesondere Maßnahmen auf Landesebene zu ergreifen, durch die die Attraktivität des Assistenzberufs im Freizeitbereich erhöht wird. Dieses Ziel könnte beispielsweise durch eine bessere Bezahlung sowie Aus- und Fortbildungsmöglichkeiten erreicht werden. Darüber hinaus müssen die Reha- bzw. Leistungsträger (Landeswohlfahrtsverbände) Betroffene verstärkt über Assistenzangebote informieren und bei deren Inanspruchnahme stärker unterstützen.
  • Verbesserter Zugang zu Freizeit- und Kulturangeboten: Veranstaltungen, Projekte oder Programme von zum Beispiel öffentlichen Trägern, privaten Vereinen, lokalen oder überregionalen Initiativen müssen von vornherein barrierefrei gestaltet sein, sodass jeder daran teilnehmen kann. Voraussetzung dafür ist neben barrierefreien Gebäuden ein barrierefreier öffentlicher Personennahverkehr. Wo der Bedarf besteht, sind durch die Kommunen gestellte Fahrdienste (wie zum Beispiel ein Bürgerbus) erforderlich, damit Menschen mit Behinderungen die Angebote erreichen können. Als Anreiz für die Kommunen sollten diese Maßnahmen durch entsprechende Förderprogramme auf Landesebene flankiert beziehungsweise ergänzt werden.
  • Inklusiven Tourismus fördern: In Tourismusregionen – zum Beispiel dem Thüringer Wald – müssen inklusive und barrierefrei zugängliche Angebote verfügbar sein. Dafür ist es notwendig, dass barrierefrei gestaltete touristische Konzepte verstärkt finanziell gefördert werden, zum Beispiel durch die Wirtschaftsförderung. Dazu empfiehlt sich eine landesweite Unterstützung für eine barrierefreie Reiseplanung nach dem Vorbild in Bayern sowie eine Auskunftspflicht der Landkreise und kreisfreien Städte über barrierefreie Tourismusangebote vor Ort. Die Informationen dazu sollten auf Landesebene in einem einheitlichen Katalog mit verpflichtend anzugebenden Kriterien der Kommunen gesammelt und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.
  • Behindertenbeauftragte einbinden: Kommunale Behindertenbeauftragte müssen in die Planung von Freizeit- und Kulturangeboten vor Ort einbezogen und kontinuierlich über deren Fortschritt informiert werden. Die Amtsträger müssen dabei ein Mitsprache- und Mitbestimmungsrecht erhalten.