Gendermedizin: Gesundheit von Frauen gleichberechtigt berücksichtigen!

Auf der Landesfrauenkonferenz 2023 des VdK Hessen-Thüringen haben die VdK-Frauen eine Resolution zur gendersensiblen Medizin verabschiedet und an die Politik übergeben.

© VdK

Resolution

verabschiedet bei der Landesfrauenkonferenz im April 2023

Nach wie vor wird Medizin hauptsächlich an Männern ausgerichtet. So werden klinische Studien zum größten Teil an Männern durchgeführt und gängige Krankheitsbilder orientieren sich meist an männlichen Personen, mit der Konsequenz, dass viele Medikamente in ihrer Wirkung und Dosierung auch allein auf diese zugeschnitten sind. Gendermedizin, die geschlechterspezifische Fragen der Gesundheit insgesamt stärker thematisiert, ist noch lange nicht im medizinischen Alltag angekommen.

Heute weiß man jedoch, dass Frauen und Männer anders krank werden, sie zeigen unterschiedliche Symptome und reagieren mitunter auf dasselbe Medikament verschieden. Frauen erhalten oftmals fehlerhafte oder gar keine Diagnosen. Ein Bespiel sind Herzinfarkte, die bei Frauen häufig nicht oder erst viel zu spät erkannt werden – oftmals, weil der Arzt oder die Ärztin diese Erkrankung bei der Patientin nicht vermutet hat. Ursache ist mangelndes Wissen über unterschiedliche Symptome, die bei Männern und Frauen auftauchen können.

Unterschiede in der Gesundheit von Männern und Frauen, die vom Gesundheitswesen nicht anerkannt und nicht berücksichtigt werden, führen zu einer nicht optimalen Versorgung, kosten unnötig Geld und mitunter das Leben der Betroffenen.

Zudem gilt: „Arm macht krank und krank macht arm!“ Frauen sind häufiger von Armut betroffen, gerade im Rentenalter. Hauptgrund ist nach wie vor, dass Frauen den größten Teil der unbezahlten Sorgearbeit (beispielsweise Kinderbetreuung und Pflege von Angehörigen) übernehmen – im Schnitt 1,5-mal so viel wie Männer. Dies führt nicht nur zu einer Doppelbelastung, die die Gesundheit gefährdet, sondern auch zu weniger Einkommen und später einer geringeren Rente. Untersuchungen zeigen auch, dass sozial benachteiligte Frauen, besonders aus bildungsschwachen Verhältnissen, nur wenige Angebote der Gesundheitsförderung in Anspruch nehmen.

Damit Frauen in ihrer Gesundheit endlich gleichberechtigt unterstützt und beachtet werden, fordern die Vertreterinnen der Frauen des Sozialverbands VdK Hessen-Thüringen:

  • Frauen und Männer müssen gleichwertig behandelt werden, das heißt geschlechtergerecht und individuell.
  • Geschlechtersensible Medizin, die den Unterschied zwischen Frauen und Männern erforscht und die Versorgung verbessert, muss gefördert und ausgebaut werden, Daten- und Forschungslücken, wie beispielsweise bei Endometriose, ME/CFS und Suchterkrankungen, sind zu schließen.
  • Gendermedizin muss in der Aus- und Weiterbildung aller Gesundheitsberufe verpflichtend verankert werden.
  • Die Förderung medizinischer Forschungsvorhaben bei Krankheiten, die beide Geschlechter betreffen, muss von der Berücksichtigung geschlechtsspezifischer Unterschiede abhängig gemacht werden.
  • Bei klinischen Studien sollten die Daten von weiblichen und männlichen Probanden mindestens in einer Anteilshöhe von 50 Prozent erhoben werden. Die Ergebnisse müssen konsequent nach männlich/weiblich ausgewertet werden.
  • Die Entwicklung und Verabreichung von Medikamenten muss gendergerecht und individuell erfolgen.
  • Ausreichende Aufklärung und Informationsangebote zu unterschiedlichen geschlechtsspezifischen Krankheitssymptomen, wie beispielsweise bei Herzinfarkt oder Schlaganfall, sind sicherzustellen. Adressat sind alle Gesundheitsberufe und die Allgemeinheit. Besonderes Augenmerk ist hierbei auf Frauen zu legen. Hierfür sind besonders die Krankenkassen, der Medizinische Dienst und die zuständigen Ministerien verantwortlich.
  • Geschlechtsspezifische Präventions-, Versorgungs- und Reha-Angebote, wie beispielsweise beim Mammographie-Screening, sind auszubauen und müssen kostenlos sein. Die Altersgrenzen bei Vorsorgeuntersuchungen sind aufzuheben.

Grünberg, 21. April 2023