Für eine bessere Pflege in Thüringen
Die Zahl der Pflegebedürftigen steigt unaufhaltsam, zugleich verstärkt sich der Fachkräftemangel in der Pflege. Um diese Herausforderung zu stemmen, hat das Gesundheitsministerium einen aktuellen Pflegeentwicklungsplan vorgelegt.
In Thüringen werden 2042 nach einer aktuellen Prognose des Landesamts für Statistik rund 211.000 Pflegebedürftige leben, 27 Prozent mehr als 2021 – eine Folge der demografischen Entwicklung. Bei einer geschätzten Einwohnerzahl von dann nur noch etwa 2 Millionen Menschen wäre damit etwa ein Zehntel der Thüringer Bevölkerung auf Pflege angewiesen. Angesichts der schon jetzt bestehenden Mängel in der Versorgung von Pflegebedürftigen will das Gesundheitsministerium im Freistaat neue Wege gehen.
Drei Kurzfristmaßnahmen
Im aktuellen Thüringer Pflegeentwicklungsplan sind Ziele und Vorhaben der Pflegepolitik im Freistaat bis 2030 festgelegt. Der Plan setzt auf die folgenden drei kurzfristigen Maßnahmen:
• Unterstützung der Kommunen beim Ausbau von Pflegestützpunkten sowie weiteren Beratungsangeboten: 2024 sollen im Landesprogramm “Solidarisches Zusammenleben der Generationen” 17,5 Millionen Euro fließen, etwa in Pflegestützpunkte und -netzwerke, (mobile) Seniorenbüros, Wohnberatungsstellen sowie Seniorenprojekte. Derzeit gibt es Pflegestützpunkte nur in den Städten Jena, Suhl und Weimar sowie in den Landkreisen Nordhausen, Schmalkalden-Meiningen und im Kyffhäuserkreis. Kommunale Beratungsstellen existieren in Hildburghausen, im Ilm-Kreis, in Erfurt und im Weimarer Land.
• Mehr Unterstützung für Pflegebedürftige und pflegende Angehörige: Die Fördermöglichkeiten und Anerkennungsvoraussetzungen im Rahmen der Thüringer “Verordnung über die Anerkennung und Förderung von Angeboten zur Unterstützung Pflegebedürftiger im Alltag” sowie zur Nachbarschaftshilfe sollen verstärkt bekannt gemacht werden. Die Regeln zur Nachbarschaftshilfe sollen niedrigschwelliger gestaltet werden.
• Unterstützung von Pflegeeinrichtungen bei der Neugestaltung ihrer Personalstruktur und Organisation: Am 28. August beschäftigt sich der Landespflegeausschuss mit Möglichkeiten eines Bürokratieabbaus für die Pflegeeinrichtungen. Geprüft werden soll etwa die Vereinfachung der Dokumentationspflichten der Heime. Ungelernte Pflegehilfskräfte mit einschlägiger Berufserfahrung können den Helferabschluss nachträglich erwerben. Daraus ergibt sich laut Ministerium ein Potenzial von etwa 2.200 Personen mit entsprechender Voraussetzung.
Konsequente Umsetzung gefordert
Der VdK Hessen-Thüringen, der schon lange zum Beispiel eine flächendeckende Ausweitung des Beratungsangebots für pflegende Angehörige und den Ausbau von Pflegestützpunkten zu Pflegekompetenzzentren fordert, begrüßt diese Planung. "Die vorgesehenen Maßnahmen müssen nun konsequent umgesetzt werden, fordert der stellvertretende Landesvorsitzende Jörg Kubitzki.
Weil auch viele Bewohnerinnen und Bewohner von Pflegeeinrichtungen den immer weiter steigenden Eigenanteil an den Heimkosten nicht mehr bezahlen können, setzt sich der VdK außerdem für eine vollständige Finanzierung der Investitionskosten auf der Grundlage eines Landespflegeplans ein, um die Betroffenen zu entlasten.
Pflegevollversicherung gegen explodierende Kosten
Nach dem Verband der Ersatzkassen belief sich der Eigenanteil, der für die Unterbringung und Betreuung in einer Pflegeeinrichtung anfällt, zum 1. Juli 2024 in Thüringen im ersten Jahr auf 2.649 Euro pro Monat – Zuschüsse und Leistungen der Pflegeversicherung bereits eingerechnet. In der Folge müssen immer mehr stationär versorgte Pflegebedürftige staatliche Unterstützung in Form der “Hilfe zur Pflege” in Anspruch nehmen. Gründe für die Anhebung der Kosten sind die hohen Energie- und Lebensmittelpreise, außerdem die gestiegenen Personalkosten: Seit September 2021 muss Personal in der Altenpflege nach Tarif bzw. gleichwertig bezahlt werden.
Teurer werden aber nicht nur die Plätze in Pflegeheimen. Dem Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste e.V. (BPA) zufolge haben von 2018 bis 2023 die ambulanten Pflegedienstleister in Thüringen ihre Preise durchschnittlich um 60 Prozent angezogen. Als Grund dafür werden ebenfalls - neben hohen Lebensmittelpreisen - stark gestiegene Personalkosten genannt, weil das Lohnniveau in der Pflege dem in den westlichen Bundesländern angenähert wurde. Die Folge: Ambulant versorgte Pflegebedürftige können sich immer weniger Hilfe leisten.
Um letztendlich eine gute Pflege zu Hause sowie in den Pflegeheimen sicherzustellen, schlägt der VdK die Einführung einer Pflegevollversicherung auf Grundlage eines nachhaltigen Finanzierungskonzepts vor, die sämtliche pflegebedingten Kosten abdeckt. Diese “Vollkaskoversicherung” in der Pflege verhinderte, dass Pflegebedürftigkeit zur Armutsfalle wird.