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Armutsbericht des Paritätischen 2024: Kein Licht am Horizont

14,2 Millionen Menschen in Deutschland - 16,8 Prozent der Bevölkerung - hat die Analyse des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbands für das Jahr 2022 als einkommensarm ermittelt - minimal weniger als 2021. 

Das Bild zeigt einen Auschnitt der Titelseite des Paritätischen Armustberichts: Schriftzug Armut in der Inflation.
© VdK

Die seit 2006 zunehmender Armut sei damit für 2022 gestoppt, aber nicht gedreht, sagen die Experten. 2022 waren dem Bericht zufolge fast eine Million Menschen mehr von Armut betroffen als vor Pandemie, Energie- und Preiskrise im Jahr 2019 sowie 2,7 Millionen mehr als 2006. 

Bei der Armutsentwicklung zeigten sich in den einzelnen Bundesländern gravierende Unterschiede, heißt es im Armutsbericht. Während in Bayern jede achte Person von Armut betroffen sei, gelte dies für jede fünfte Person in Sachsen-Anhalt, Nordrhein-Westfalen und Hamburg sowie für fast jeden dritten Einwohner von Bremen. 

Armut auf anhaltend hohem Niveau

Hessen lag demnach im Ranking der Bundesländer mit einer Armutsquote von 17,8 Prozent auf Platz 8, Thüringen mit einer Quote von 18,4 Prozent auf Platz 10. In beiden Ländern ist die Armutsquote im Vergleich mit dem Jahr 2021 geringfügig gesunken, verharrt aber weiterhin auf hohem Niveau. Nach den Zahlen des Paritätischen gab es in Hessen seit 2006 einen Armutszuwachs von mehr als 40 Prozent, während in dem Zeitraum in Deutschland ein Anstieg um 20 Prozent ermittelt wurde

Bundesweit am meisten von Armut betroffen sind laut dem Paritätischen Alleinerziehende (43,2 Prozent) und Haushalte mit drei und mehr Kindern. Bei Kindern und Jugendlichen stieg die Armutsquote auf einen Rekordwert von 21,8 Prozent. Auch die Altersarmutsquote lag 2022 mit 17,5 Prozent auf einem besorgniserregenden Niveau. Für Frauen ab 65 Jahren wurde sogar eine Armutsquote von 19,4 ermittelt, das bedeutet: Fast jede fünfte Frau dieser Altersgruppe verfügte 2022 über ein Einkommen unter der von den Fachleuten definierten Armutsschwelle.

Ebenfalls alarmierend: Mehr als ein Viertel der armen Menschen bundesweit (26,4 Prozent) sind erwerbstätig, ein weiteres Viertel (23,2 Prozent) der Betroffenen sind Renten- oder Pensionsempfänger und -empfängerinnen.

Definition von Armut

Der Armutsbericht des Paritätischen zählt Haushalte als arm, deren Einkommen unter 60 Prozent des mittleren Einkommens liegt. Diese Armutsschwelle lag 2022 für alleinstehende Personen bei einem monatlichen Einkommen von 1186 Euro, für ein Paar ohne Kinder bei 1779 Euro. Alleinerziehende mit einem Kind unter 14 Jahren werden nach dieser Definition als armutsgefährdet gerechnet, wenn sie monatlich über weniger als 1542 Euro verfügen. Bei einem Paar mit zwei Kindern unter 14 Jahren sind es 2490 Euro.

Armut wirksam bekämpfen

Anhaltend hohe Preise und Mieten verschärfen die Situation weiterhin. Zu einer wirksamen Armutsbekämpfung gehören aus Sicht des VdK Maßnahmen, die ein auskömmliches Budget für alle Menschen sicherstellen. Dazu gehören:

  • die Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns auf mindestens 14 Euro, 

  • die Stärkung der Tarifbindung im Sinne fairer Arbeitsentgelte, 

  • die Eindämmung des Niedriglohnsektors,

  • eine schnelle Umsetzung der Kindergrundsicherung,

  • eine Rentenversicherung in die alle Erwerbstätigen einzahlen, auch Politiker, Selbstständige und Beamte, 

  • ein stabiles Rentenniveau von 53 Prozent sowie 

  • eine Pflegevollversicherung, die alle pflegerelevanten Kosten abdeckt.