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VdK-Umfrage zum Arbeiten neben der Rente: Knapp ein Drittel fürchtet Altersarmut

In Hessen und Thüringen kann sich laut einer VdK-Umfrage fast jeder Zweite über 50 Jahre vorstellen, im Ruhestand einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Aber: Ein Drittel der Befragten begründet dies damit, dass die Rente nicht reiche.

Älterer Handwerker arbeitet in der Werkstatt
© IMAGO / Andreas Prost

Nachdem die Hinzuverdienstgrenzen bei vorgezogenen Altersrenten zum  1. Januar 2023 abgeschafft wurden, wird immer wieder über das Thema “Erwerbstätigkeit im Rentenalter” sowie über flexible Übergänge in den Ruhestand öffentlich debattiert.

Mehr als eine Million Rentner sind erwerbstätig

Nach Zahlen der Deutschen Rentenversicherung (DRVkurz fürDeutsche Rentenversicherung) haben Ende 2022 rund 1,35 Millionen Menschen in Deutschland weiter gearbeitet. Demnach waren etwa 1,1 Millionen Rentner über die Regelaltersgrenze hinaus erwerbstätig, 245.000 Ruheständler bekamen schon vor der Regelaltersgrenze Rente, arbeiteten aber ebenfalls weiter. Die meisten gingen der DRVkurz fürDeutsche Rentenversicherung zufolge einem Minijob nach. 

Mit ihrer “Wachstumsinitiative” will die Bundesregierung es nun attraktiver gestalten, im Ruhestand einem Job nachzugehen. Diese umfasst unter anderem drei Vorschläge: die Auszahlung des Arbeitgeberbeitrags, der Einführung einer Rentenaufschubprämie sowie einen zusätzlichen Erwerbstätigenfreibetrag für Witwen und Witwer. 

Wer arbeitet im Ruhestand, und warum?

In einer aktuellen repräsentativen Befragung des Meinungsforschungsinstituts Civey im Auftrag des Sozialverbands VdK, an der 2500 Menschen über 50 Jahre teilnahmen, ging der VdK den Fragen auf den Grund: Für wen wäre das Arbeiten neben der Rente grundsätzlich eine Option, und was sind die Gründe für den hinausgeschobenen Ruhestand?

Können Sie sich grundsätzlich vorstellen, in Ihrer Rente zu arbeiten?

Sozialverband VdK

Denkbare Option für viele

In Hessen antworteten über 44 Prozent der Befragten auf diese Frage mit “Ja”, etwas mehr als 41 Prozent mit “Nein”.

Deutliches Ergebnis auch in Thüringen

In Thüringen gaben sogar etwa 48 Prozent der Umfrageteilnehmer an, ein Job im Rentenalter wäre für sie vorstellbar. Eine klare Absage erteilten etwas mehr als 40 Prozent einem Job im Ruhestand.

Aus welchen Gründen arbeiten Sie / würden Sie auch in Ihrer Rente arbeiten?

Sozialverband VdK

Altersversorgung reicht nicht

Für mehr als ein Drittel der befragten Hessen und Hessinnen bildet eine zum Leben nicht ausreichende Rente den Grund, über das reguläre Rentenalter hinaus zu arbeiten. Über 65 Prozent hingegen erklärten, eine Arbeit neben der Rente würde ihnen Spaß bereiten.

Kein Auskommen mit der Rente

Mehr als ein Drittel der Umfrageteilnehmer aus Thüringen nannte ebenfalls eine nicht ausreichende Rente als Grund dafür, im Ruhestand weiterhin einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Sie arbeiteten gerne auch über das reguläre Renteneintrittsalter hinaus, erklärten knapp 61 Prozent der Befragten im Freistaat. 

Damit liegen die Umfrageergebnisse in Hessen und Thüringen bundesweit im Mittelfeld. So fürchten der Stichprobe zufolge zum Beispiel sogar fast 58 Prozent der Umfrageteilnehmer aus Mecklenburg-Vorpommern, im eigentlichen Rentenalter mit der Rente nicht über die Runden zu kommen und weiter arbeiten zu müssen. 

Freude an der Arbeit bildet in der bundesweiten Betrachtung hingegen vor allem bei Akademikerinnen und Akademikern (70,8 Prozent), Selbstständigen (70,8 Prozent) sowie Beamtinnen und Beamten (64,4 Prozent) den vorrangigen Grund, neben der Rente zu arbeiten. Bei Arbeiterinnen und Arbeitern (38,1 Prozent) und Menschen mit Hauptschulabschluss oder ohne Ausbildung (44,3 Prozent) tritt der Spaß an der Arbeit dagegen deutlich in den
Hintergrund.

Spaltung in der älteren Generation

Die Zahlen bestätigen die Annahme des VdK, dass die Möglichkeit, neben der Rente zu arbeiten, ungleich verteilt ist: Auf der einen Seite gibt es jene, die einen hohen Bildungsabschluss und eine Arbeit haben, die gut bezahlt und mit weniger körperlicher Belastung verbunden ist. Auf der anderen Seite stehen Menschen, die durch ihren niedrigen Abschluss keine gut bezahlten Jobs haben und auf das Weiterarbeiten nach dem Renteneintritt angewiesen sind. Von der Option des zusätzlichen Einkommens zur Rente ist ganz ausgeschlossen, wer etwa wegen Krankheit, Pflege von Angehörigen oder körperlich schwerer Arbeit nicht weiter arbeiten kann. 

Es zeichnet sich damit eine Spaltung innerhalb der älteren Generation ab in die gut qualifizierten und gesunden Fachkräfte, die weiterarbeiten können und die Rente als Zusatzeinkommen beziehen, und denjenigen, die das nicht schaffen oder können und auf eine niedrige Rente angewiesen bleiben.

Wer nicht mehr arbeiten kann, hat verloren

Zudem wird derzeit zweifach benachteiligt, wer im Alter nicht mehr arbeiten kann: durch Abschläge wegen eines frühen Renteneintritts oder einer Erwerbsminderung und, weil ein Erwerbseinkommen zusätzlich zur Rente nicht möglich ist. 

Statt Rentnerinnen und Rentner mit hohen Abschlägen zu zwingen, länger zu arbeiten, sollten aus Sicht des VdK an erster Stelle Arbeitgeber überlegen, wie sie längeres Arbeiten ermöglichen können - etwa durch altersgerechte Arbeitsplätze, attraktive Arbeitszeitmodelle, guten Arbeitsschutz, betriebliche Gesundheitsförderung, gute Löhne sowie kontinuierliche Weiterbildungen. Wir brauchen eine neue Wertschätzung für ältere Beschäftigte und gute Renten für alle. Besonders für diejenigen, die es im Alter aufgrund von Arbeitslosigkeit, Krankheit oder Pflegeverpflichtungen schwer haben.