Rede zur Mitgliederversammlung am 29.06.2024
Rede für die Mitgliederversammlung 2024 des OV-Nauheim imSozialverband VdK Hessen-Thüringen
Liebe Mitglieder, liebe Freundinnen und Freunde des Sozialverbands VdK Hessen-Thüringen, liebe Gäste,
ich freue mich sehr, Sie alle zur heutigen Mitgliederversammlung des Ortsverbands Nauheim begrüßen zu dürfen.
Viele der hier Anwesenden kenne ich schon lange. Eine Mitgliederversammlung bietet immer die Gelegenheit des Wiedersehens, um gemeinsam das vergangene Jahr Revue passieren zu lassen und in die Zukunft zu blicken – auch auf die Herausforderungen, die uns dort begegnen könnten.
Und dazu gehört es, derer zu gedenken, die seit wir das letzte Mal zusammenkamen, nicht mehr unter uns sind.
Aus unseren Reihen trauern wir um:
Manfred Wolf, Regina Schade, Helma Reinhard,
Helga Wartmann, Gisela Wagner und Jürgen Ohlenschläger
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Wir werden ihnen allen ein ehrendes Andenken bewahren und sie in guter Erinnerung behalten. Den Angehörigen gilt unser tief empfundenes Mitgefühl.Bitte erheben Sie sich, sofern Ihnen das möglich ist, von Ihren Plätzen, um den Verstorbenen in einer gemeinsamen Schweigeminute zu gedenken.
Ich danke Ihnen. Bitte nehmen Sie wieder Platz.
Viel ist passiert in den vergangenen Monaten. Leider auch viel Bedrückendes und Schlimmes. Berichte über zwei furchtbare Kriege – in der Ukraine und im Nahen Osten – füllen die täglichen Nachrichtensendungen.
Wir im VdK – dem Verband, der von Kriegsversehrten, Witwen und Waisen gegründet wurde – wissen, was Krieg bedeutet. Aus unserer eigenen Geschichte haben wir gelernt: Alle unsere sozialpolitischen Anstrengungen,Erfolge und Errungenschaften sind wertlos, wenn der Frieden nicht geschützt werden kann.
Anders herum gilt aber auch: Die entscheidende Voraussetzung für Frieden ist, dass alle Menschen die Chance auf ein Leben in Freiheit und in Würde haben, ohne materielle Not, ohne Missachtung ihrer Bedürfnisse und ohne Ausgrenzung und Ächtung durch Andere.
Für eine solche Gesellschaft müssen wir eintreten; für eine solche Gesellschaft hat der VdK seit seiner Gründung gekämpft.
Viele Menschen bauen darauf, dass der VdK ihnen bei ihren sozialrechtlichen Problemen kompetent zur Seite steht. Vielleicht wünschen sie sich auch, Teil einer lebendigen Gemeinschaft zu sein, gemeinsam etwas zu bewegen und tolle Aktionen auf die Beine zu stellen.
Für andere ist die Geselligkeit besonders wichtig. Wir hier in Nauheim kümmern uns umeinander. Wer Sorgen hat, findet immer jemanden, der ihm zuhört und vielleicht sogar einen guten Rat hat. Wir sind füreinander da. Und wir können auch unbeschwert zusammen feiern.
Für alle diese Aktivitäten braucht es Menschen, die bereit sind, sich ehrenamtlich zu engagieren. Unsere Gesellschaft hat sich in den vergangenen Jahrzehnten gewandelt. Damit meine ich nicht, dass „früher alles besser war“. In diese Klage möchte ich keineswegs einstimmen. Sicherlich ist es aber nicht falsch, wenn man feststellt, dass die Bereitschaft, sich langfristig an eine Organisation zu binden und für sie auch Aufgaben zu übernehmen, geringer geworden ist. Die individuelle Freiheit, die Möglichkeit, ohne Rücksichten und Verpflichtungen über die eigene Zeit verfügen zu können, ist vielen Leuten sehr wichtig geworden. Umso dankbarer bin ich, dass ich hier in unserem Ortsverband so viele tüchtige und tatkräftige Mitstreiter und Mitstreiterinnen an meiner Seite habe: Euch allen an dieser Stelle noch einmal vielen Dank für euren unermüdlichen Einsatz!
Aber auch ein Verband wie der VdK, der vom Engagement seiner vielen, vielen Ehrenamtlichen lebt – allein in unserem Landesverband Hessen-Thüringen sind es rund 12.000! – muss auf diese gesellschaftliche Entwicklung reagieren. Und deshalb wurde auf dem Landesverbandstag im Juli 2023 eine wichtige Änderung unserer Satzung beschlossen.
Ortsverbandsvorstände werden jetzt nur noch für zwei statt für vier Jahre gewählt. Es besteht zudem die Möglichkeit, Vorstandsteams aus 3 bis 5 gleichberechtigten Mitgliedern zu bilden. Wer für welchen Bereich zuständig ist, wer welche anfallende Aufgabe übernimmt, entscheidet dieses Team selbst von Mal zu Mal. Auch ist es den Ortsverbänden mittlerweile erlaubt, sich zusammenzuschließen, um das eigene Überleben zu sichern.
Das sind meiner Meinung nach ganz wesentliche Schritte, um die Zukunft des Ehrenamts und damit auch unseres VdK zu gewährleisten. Mit diesem neuen Verständnis von ehrenamtlichem Engagement wird es noch attraktiver, sich unserem Verband anzuschließen und aktiv mitzumachen. Das ist gut so, denn wir werden gebraucht.
Viele Menschen in diesem Land – Rentnerinnen und Rentner, Erwerbstätige im Niedriglohnsektor, aber auch Mittelschichtsfamilien mit mehreren Kindern – geraten zusehends unter Druck. In Hessen und in Thüringen liegt die Kinderarmut über dem Bundesdurchschnitt:
Etwa jedes vierte Kind ist davon betroffen. Damit sollten wir uns nicht abfinden.
Ein Schwerpunkt wird weiterhin das Thema „Pflege“ sein. Auch wenn die bundesweite VdK-Kampagne zur „Nächstenpflege“ offiziell beendet ist, werden wir bei diesem Thema nicht lockerlassen. Pflege ist eine der großen Herausforderungen der kommenden Jahre, weil es immer mehr Pflegebedürftige geben wird. Auch in Hessen und Thüringen. Können wir es als Gesellschaft schaffen, allen diesen Menschen, die auf unsere Hilfe und Unterstützung angewiesen sind, gerecht zu werden?
Unser Landesvorsitzender Paul Weimann hat sich bereits mit Frau Stolz, der amtierenden Ministerin für Gesundheit, Pflege, Senioren, Familie und Sport getroffen und vorgeschlagen, gemeinsam ein Landesprogramm für Pflege zu entwickeln, um diese Ziele zu verwirklichen.
Es zeichnet sich außerdem ab, dass die Gesundheitsversorgung für viele Menschen – insbesondere in den ländlichen Regionen – immer mehr zum Problem wird. Hausärzte gehen in den Ruhestand und finden für ihre Praxis keine Nachfolger; Krankenhäuser sind von Schließungen bedroht, Fachärzte haben auf absehbare Zeit keine Termine frei, überall fehlt es an Pflegekräften, auch viele Apotheken machen dicht. Hier sind wir alle gefragt. Denn Pflege und Gesundheit gehören zur Daseinsvorsorge und müssen jedem und jeder in diesem Land zur Verfügung stehen, unabhängig von Wohnort und Geldbeutel. Als Ortsverband kennen wir uns mit der Situation am Ort aus und können auf kommunaler Ebene dafür kämpfen, dass die medizinische Infrastruktur erhalten bleibt beziehungsweise verbessert wird.
Paul Weimann hat außerdem angekündigt, dass der VdK weiterhin auf eine Reform der Hessischen Bauordnung dringen wird. Seit Jahren schon fordern wir, Barrierefreiheit als Standard im Landesbaurecht zu verankern, bislang leider ohne Erfolg. Einer aktuellen Studie zufolge bilden Hessen und Thüringen im Ländervergleich die traurigen Schlusslichter, was das Angebot an barrierefreiem oder altersgerechtem Wohnraum betrifft. Das zeigt uns, wie wichtig es ist, hier weiter mit den jeweiligen Landesregierungen im Dialog zu bleiben.
Zum Schluss möchte ich noch einmal auf das, aus Sicht des VdK, wichtigste Ereignis im abgelaufenen Jahr eingehen, auf unseren Landesverbandstag, der vom 5. bis zum 7. Juli in Fulda stattfand. Dabei wurde auch der neue Landesvorstand gewählt. Hier hat es einige Veränderungen gegeben, allerdings nicht beim Landesvorsitzenden: Paul Weimann wurde mit großer Mehrheit im Amt bestätigt und wird den VdK Hessen-Thüringen für vier weitere Jahre führen.
Weimanns Stellvertreter im neuen Geschäftsführenden Landesvorstand sind: Dr. Daniela Sommer, Patrick Nau, vom OV Nauheim, Dr. Günther Schnell und Jörg Kubitzki. Ursula König-Schneyer wurde zur Landesfrauenvertreterin, Marius Fracarolli zum Landeschatzmeister und Silvia Rosa Krämer zur Landesjuniorenvertreterin gewählt.
Der VdK hat in seiner mehr als 75-jährigen Geschichte viel erreicht. Aber wir werden weiter für unsere Ziele kämpfen, für gute Löhne, eine Rente, die zum Leben reicht, für Barrierefreiheit, für eine menschenwürdige Pflege und für eine Gesundheitsversorgung, die allen eine bestmögliche Behandlung garantiert.
Das durchzusetzen – dafür braucht es einen langen Atem und vor allem einen starken, inneren Zusammenhalt.
Ein Sprichwort besagt: „Blumen können nicht blühen ohne die Wärme der Sonne. Menschen können nicht Mensch werden ohne die Wärme der Freundschaft.“
Und „Freundschaft“, so drückte es der berühmte deutsche Schriftsteller Kurt Tucholsky einmal aus, „Freundschaft, das ist wie Heimat.“
Ich hoffe, im VdK haben Sie alle diese Heimat gefunden.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.