Qualitätsatlas Pflege zeigt dringenden Verbesserungsbedarf in deutschen Heimen
Die Versorgung von Pflegeheimbewohnern in Deutschland lässt zu wünschen übrig: Der Qualitätsatlas Pflege des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdOkurz fürWissenschaftliches Institut der AOK) deckt online die ernüchternden Ergebnisse der aktuellen WIdOkurz fürWissenschaftliches Institut der AOK-Untersuchung auf.

Der “Externer Link:Qualitätsatlas Pflege” stellt die ermittelten Daten zur pflegerischen, ärztlichen und therapeutischen Betreuung in der stationären Pflege für die einzelnen Bundesländer sowie für die rund 400 deutschen Kreise und kreisfreien Städte in den Jahren 2022/2023 dar. Die Informationen beruhen nach Angaben des Instituts auf den Abrechnungsdaten der elf AOKs, die rund ein Drittel der Bevölkerung in Deutschland versichern. Insgesamt flossen in die Auswertung die Daten von rund 350.000 Pflegeheimbewohnenden ab 60 Jahren ein. Das entspricht knapp der Hälfte aller stationär versorgten Pflegebedürftigen in Deutschland. Die im Juni veröffentlichte Erhebung folgt einer Vorgängerin von 2023.
Medikamentengabe problematisch
Der Qualitätsatlas Pflege zeigt erhebliche regionale Unterschiede, aber auch gravierende Probleme bundesweit. Eines davon ist der Auswertung zufolge die langfristige Gabe von Beruhigungs- und Schlafmitteln in den Pflegeeinrichtungen. So erhielten in Deutschland 7,14 Prozent der Bewohner/Bewohnerinnen im Jahr 2023 eine Dauerverordnung schlaffördernder, beruhigender und angstlösender Medikamente wie Benzodiazepinen, Benzodiazepin-Derivaten und Z-Substanzen. In der Folge drohten Abhängigkeiten, eine erhöhte Sturzgefahr sowie das Auftreten von Angst und Depressionen, warnen die Experten des WIdOkurz fürWissenschaftliches Institut der AOK. Die Analyse spiegelt diese Gefahr wider: Demnach wurden 16,23 Prozent der betroffenen Personen 2023 sturzbedingt im Krankenhaus versorgt (Hessen: 16,68 Prozent, Thüringen: 15,68 Prozent).
Verbesserungsbedarf bei der ambulanten ärztlichen Versorgung
Ein weiterer kritischer Punkt: die ambulante ärztliche Versorgung. Die Untersuchung ergab: Bundesweit erhielten fast 80 Prozent der an Diabetes erkrankten Pflegeheimbewohnenden 2023 keine augenärztliche Vorsorge. Dabei sehen die medizinischen Leitlinien laut WIdOkurz fürWissenschaftliches Institut der AOK eine regelmäßige Kontrolle der Augen vor, um frühzeitig Veränderungen der Netzhaut zu erkennen und irreversible Sehstörungen zu vermeiden. Gerade der Erhalt der Sehkraft sei ein wesentlicher Faktor für Lebensqualität und Selbstständigkeit, so Susann Behrendt, Forschungsbereichsleiterin Pflege im WIdOkurz fürWissenschaftliches Institut der AOK. Der Verlust könne zu sozialer Isolation, psychischen Beeinträchtigungen sowie einem erhöhten Risiko für Verletzungen führen.
Dabei zählt Hessen zu den Bundesländern, deren Heime den größten Verbesserungsbedarf aufweisen: Hier hatten 84,56 Prozent der Bewohner im Jahr 2023 keinen Augenarzt-Kontakt. Thüringen hingegen liegt mit 77,04 Prozent unter dem Bundesdurchschnitt von 79,15 Prozent.
Weitere Themenfelder
Darüber hinaus betrachtet der Qualitätsatlas Pflege weitere Themen im regionalen und zeitlichen Vergleich: die Krankenhauseinweisungen von Demenzkranken aufgrund von Flüssigkeitsmangel, vermeidbare Krankenhausaufenthalte am Lebensende sowie das Auftreten von Dekubitus (Druckgeschwüren). Bewertet werden zudem die Dauerverordnung von Antipsychotika bei Demenz, die gleichzeitige Verordnung von neun oder mehr Wirkstoffen und der Einsatz von für ältere Menschen ungeeigneter Medikation sowie die Häufigkeit besonders kurzer Krankenhausaufenthalte von bis zu drei Tagen.
Das WIdOkurz fürWissenschaftliches Institut der AOK-Fazit zur aktuellen Auswertung: Im Vergleich zu der ersten Erhebung vor zwei Jahren lassen die für 2022 und 2023 ermittelten Ergebnisse kaum Verbesserungen erkennen.
So rufen Sie die Ergebnisse eines Bundeslandes oder einer Region ab
Per Klick auf den Hauptmenüpunkt “Ergebnisse” auf der Startseite des Portals gelangen Sie zur gleichnamige Seite. Dort können Sie unter den drei Themenschwerpunkten “Fehlende Prophylaxe und Prävention”, “Kritische Arzneimittelversorgung” und “Vermeidbare Krankenhausaufenthalte” wählen.
Zu dem gewünschten Schwerpunkt lassen sich wiederum über ein Drop-down-Menü mehrere “Qualitätsindikatoren” einstellen. Unter “Kritische Arzneimittelversorgung” stehen zum Beispiel vier Indikatoren zur Verfügung, darunter “Dauerverordnung von Antipsychotika bei Demenz”.
Direkt darunter haben Nutzerinnen und Nutzer - ebenfalls über Drop-down-Menüs - die Möglichkeit, das Bundesland, die Region, die zu vergleichende Region, das Jahr sowie die Art der Darstellung (Anteil oder Differenz) auszuwählen.