Verletztenrente verschwiegen: Rückforderung der Rentenversicherung ist rechtens
Wer eine Leistung aus der gesetzlichen Unfallversicherung (Verletztenrente) bezieht, hat einen geringeren Anspruch auf Altersrente und ist verpflichtet, dies bei der Antragstellung anzugeben. Sonst droht eine Rückforderung.

Das heißt: Versicherte, die der Rentenversicherung ihre Verletztenrente verschweigen, handeln grob fahrlässig und müssen die zu viel geleistete Rente zurückzuzahlen. So hat das Hessische Landessozialgericht (LSG) entschieden.
Streit vor dem Hessischen Landessozialgericht
In dem Fall vor dem LSG stritten ein 1949 geborener Versicherter mit der Rentenversicherung um die Rücknahme seiner Altersrente für schwerbehinderte Menschen und eine entsprechende Erstattungsforderung der Rentenversicherung in Höhe von knapp 87.370 Euro. Der Mann bezieht aufgrund eines Arbeitsunfalls im Jahr 1967 eine Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung von der Berufsgenossenschaft (BG) und seit 2009 zudem eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen von zunächst rund 2400 Euro monatlich. Die Verletztenrente von damals rund 1260 Euro monatlich gab der Versicherte bei der Beantragung der Altersrente nicht an.
Versicherter soll überzahlte Rente erstatten
Nachdem der Versicherte rund 10 Jahre später bei der BG geltend gemacht hatte, dass sich die Folgen des Arbeitsunfalls verschlimmert hätten, erhöhte die BG die Verletztenrente mit Wirkung zum Februar 2018 und meldete dies der Rentenversicherung. Die erfuhr so erstmals von der Verletztenrente des Mannes. In Zusammenhang mit der beabsichtigten Rücknahme der Rentenbewilligung und zur Erstattung der überzahlten Rentenleistungen wurde der Versicherte angehört.
Der berief sich darauf, falsch beraten worden zu sein: Bei der Antragstellung habe ihm ein Knappschaftsältester geholfen. Er habe darauf vertraut, dass dessen Unterstützung, Aufklärung und Beratung für einen ordnungsgemäßen Rentenantrag ausreichen würden. Der Knappschaftsälteste habe auch das Antragsformular ausgefüllt. Dabei sei nach dem Bezug von Leistungen eines Unfallversicherungsträgers nicht gefragt worden. Zudem sei bereits Verjährung eingetreten.
Mit Unterschrift für Angaben verantwortlich
Die Rentenversicherung hielt dem entgegen, dass die Hilfe des Knappschaftsältesten den Versicherten nicht von der Verpflichtung entbunden hätte, die Fragen im Antragsformular richtig zu beantworten. Er habe den Rentenantrag persönlich unterschrieben und sei daher für die Richtigkeit der von ihm gemachten Angaben verantwortlich.
Das LSG folgte der Ansicht der Rentenversicherung und betonte: Der Knappschaftsälteste sei nicht als Vertreter beziehungsweise Bevollmächtigter nach § 13 SGBkurz fürSozialgesetzbuch X des Versicherten aufgetreten, sondern habe diesen beim Ausfüllen des Rentenantragsformulars lediglich unterstützt. Das werde vor allem dadurch deutlich, dass der Mann den Rentenantrag eigenhändig unterschrieben habe und sich infolgedessen den Vorwurf der groben Fahrlässigkeit gefallen lassen müsse.
Keine Verjährung
Er sei 2009 in zwei Rentenbescheiden ausdrücklich und verständlich auf die Verpflichtung hingewiesen worden, den Bezug und jede Veränderung von Versichertenrenten aus der gesetzlichen Unfallversicherung unverzüglich mitzuteilen, weil die Höhe seiner Altersrente davon abhängig sein könnte. Der Mann habe daher wissen müssen, dass der Rentenbescheid vom September 2009 mit Blick auf den Unfallrentenbezug zu seinen Gunsten falsch war.
Es liege zudem keine Verjährung vor. Bei grober Fahrlässigkeit könne ein rechtswidriger „begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung“ bis zum Ablauf von zehn Jahren nach Bekanntgabe zurückgenommen werden. Diese Frist habe die Rentenversicherung beachtet. Damit habe sie den Bewilligungsbescheid zurücknehmen und die zu viel geleistete Rente von dem Versicherten zurückfordern können.
Die Revision wurde nicht zugelassen.
Hessisches Landessozialgericht
Urteil vom 20. März 2024, Az.: L 5 R 121/23